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23.11.2009

Familie lernen - Neues stationäres Mutter-Kind-Angebot zielt auf die Stärkung der Bindung von jungen Müttern zu ihren Kindern. Dadurch wird ein Zusammenleben als Familie oft erst möglich.

Ein Interview mit dem verantwortlichen Bereichsleiter M. Tiel-König.

MuKi24 ist ein neues Angebot der DASI Berlin in Charlottenburg-Wilmersdorf. Worum geht es dabei?

MuKi24 bietet Müttern oder schwangeren Frauen mit ihren Kindern während ihres Aufenthalts, eine rund-um-die-Uhr-Betreuung, bei der sie durch sozialpädagogische Fachkräfte begleitet und unterstützt werden. Die Aufenthaltsdauer kann zwischen sechs Monaten und zwei Jahren liegen. Das wesentliche Ziel ist dabei, eine tragfähige Bindung zwischen Mutter und Kind aufzubauen oder wieder aufleben zu lassen und dadurch langfristig ein Zusammenleben der Familie zu ermöglichen. Andererseits kann es auch darum gehen rechtzeitig zu erkennen, dass ein eigenständiges Zusammenleben von Mutter und Kind nicht möglich zu sein scheint.

Welche Rolle spielt der Kindsvater bzw. der Partner der Frau und die Herkunftsfamilie bei der Betreuung?

Der Vater des Kindes und/ oder Partner der Mutter wird in die Betreuung mit einbezogen, sofern nicht gewichtige Gründe, z.B. notwendiger Schutz der Mutter vor dem Partner, dagegen sprechen. Ebenso praktizieren wir eine aktive Großelternarbeit.

Für welche Zielgruppen ist dieses Angebot gedacht und welche Aufnahmegründe müssen vorliegen?

Das Jugendamt stellt einen entsprechenden Hilfebedarf gemäß §19 SGB VIII fest. Das bedeutet, dass eine alleinerziehende Mutter einen sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf aufweist, um ihr Kind versorgen, erziehen und fördern zu können. Hinzu kommt, dass die Mütter oder Schwangeren sich in wirtschaftlichen Notlagen befinden und häufig keinen Schulabschluss bzw. Berufsabschluss haben.
Sie befinden sich zum Zeitpunkt der Bedarfsfeststellung häufig in Wohnverhältnissen, die den eben genannten Anforderungen nicht gerecht werden können. Ebenso ist das familiäre bzw. soziale Netz so dünn, dass hier von einer tragfähigen Unterstützung nicht ausgegangen werden kann.

Sicher spielt der Kinderschutz eine bedeutende Rolle bei der Bewilligung der Maßnahme?

Richtig. Das Jugendamt geht in seiner Bedarffeststellung davon aus, dass durch ein Ausbleiben dieser Hilfe eine akute Kindeswohlgefährdung bestehen bleiben oder entstehen würde.

Neben der Sicherstellung des Kinderschutzes verfolgt das Angebot noch weitere Ziele. Welche sind das genau?

Natürlich hat für uns die Sicherstellung des Kinderschutzes oberste Priorität. In Abgrenzung z.B. zu einer Inobhutnahme schließt das die ständige Gegenwart und aktive Mitarbeit der Mutter mit ein. Das bedeutet, dass durch die Strukturierung des Alltags, die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der Mutter, ihre Befähigung zur Pflege, Erziehung und Förderung des Kindes und die Sicherstellung der Entwicklungsförderung des Kindes die Grundlagen gebildet bzw. gefestigt werden, die eine tragfähige Bindung zwischen Mutter und Kind ermöglicht und somit ein selbständiges Zusammenleben beider zum Ziel hat.

Wie erreichen Sie diese Ziele?

Zum einen haben wir ein multiprofessionelles Team zsammengestellt. Dazu gehören Erzieherinnen, Sozialpädagoginnen und eine Hauswirtschafterin mit arbeitspädagogischer Zusatzausbildung, die sich in wöchentlichen Teamsitzungen austauschen bzw. regelmäßig durch Dienstberatung, Fallpräsentation und Supervision unterstützt werden.

Zum anderen arbeiten wir konsequent methodenorientiert, d.h. wir "zeigen" wie ein selbstorganisiertes Leben aussehen kann. Wir pflegen Rituale und vermitteln Zuverlässigkeit und Wertschätzung durch ressourcenorientiertes Denken und Handeln. Ferner bieten wir eine verlässliche Tagesstruktur, ohne dabei bereits bestehende und der aktuellen Entwicklung dienliche Bindungen auszuschließen. Mit Hilfe der Methode der Sozialpädagogischen Diagnosen erarbeiten wir in den ersten sechs Wochen der Maßnahme eine Selbstbeschreibung der Mütter mit ihren "Lebensthemen", die dann auch in der Betreuung und den Angeboten ihren Niederschlag finden. Zudem schaffen wir Freiräume für die Mütter, um Perspektivwechsel und individuelle Entwicklung zu ermöglichen. Auch arbeiten wir mit weiteren Fachgruppen zusammen.

Was ist für Sie das Besondere an MuKi24 bei der DASI Berlin?

Das „Kernstück“ des Konzeptes ist neben der Qualifikationen der Mitarbeiterinnen sicher das besondere Dienstmodell, das die Aspekte Kontinuität und Flexibiliät verbindet. Das bedeutet, dass tagsüber unter der Woche von 8 – 15:00 Uhr immer die Hauswirtschafterin und von 13 – 21:00 Uhr die sozialpädagogische Fachkraft ohne Schichtdienstfunktion in der Einrichtung sind. Die Nachtzeit, die Wochenenden und die ergänzenden Tagesdienste werden von vier weiteren Pädagoginnen sichergestellt.

Kontinuität in der Betreuung schafft also die Voraussetzungen die gebraucht werden, damit die Mütter eine starke Bindung zu ihren eigenen Kindern entwickeln können?

Ja. Die Mütter werden an fünf Tagen immer von der selben Pädagogin, z.B. beim Zubettbringen des Kindes unterstützt. So entsteht Vertrauen: Selbstvertrauen in den Umgang mit dem eigenen Kind und Vertrauen in die begleitende MuKi24-Mitarbeiterin. Die zusätzlichen (Schichtdienst-)Kolleginnen ermöglichen ein funktionierendes Bezugsbetreuersystem.

Aber auch der Ort selbst bietet eine hohe Wohlfühlqualität..

Das denkmalgeschützte Haus bietet für jede Mutter ausreichend Raum für sich und ihr Kind. Alles ist hell und behaglich eingerichtet. Für Gruppenaktivitäten steht ein großes Esszimmer und ein Wohnzimmer zur Verfügung. Die ruhige und doch zentrale Lage und der Garten machen die Einrichtung zu einem besonderen und angenehmen Ort.

Welchen Stellenwert hat das Angebot unter den anderen Angeboten im Bezirk und im Rahmen der Angebotsstruktur der DASI Berlin aus Ihrer Sicht?

MuKi24 rundet das pädagogische Mutter-Kind-Betreuungskonzept der DASI Berlin nach oben ab. Wir sind nun in der Lage, alle drei relevanten Hilfeangebote im Bezirk anbieten zu können. Darüber hinaus hat ein Angebot wie MuKi24 immer auch einen überregionalen Charakter. Dieser spiegelt sich in der aktuellen Belegungssituation wieder: 60% der Hilfen kommen aus anderen Bezirken Berlins oder aus Brandenburg. Damit hat die DASI Berlin die Möglichkeit, auch im Bereich von Mutter-Kind-Hilfen in ganz Berlin und auch im Land Brandenburg ihre qualifizierten Leistungen anzubieten und ihre Kompetenzen einbringen zu können.

Vielen Dank für dieses Gespräch.

Bitte schön.

Das Gespräch führte Markus M. Jung

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